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Aus dem Leben der Goethe-Gesellschaft, Ortsvereinigungen

Auf Goethes Spuren – Die Vorstände der Ortsvereinigungen trafen sich im Fichtelgebirge

von Andreas Rumler

Bad Alexandersbad, überschaubar und idyllisch gelegen im lieblichen Fichtelgebirge, dürfte nicht allen Vertretern der Ortsvereinigungen bekannt gewesen sein, als sie anreisten, erwies sich aber als ideale Wahl für die Jahrestagung der Vorstände 2022. Angelika und Bernd Kemter haben inzwischen einige Übung darin, solche Treffen perfekt zu organisieren. Bereits in Gera boten sie ein überzeugendes Programm und als die geplante Zusammenkunft hier in Bad Alexandersbad wegen Corona verschoben werden musste, zögerten sie nicht lange und bereiteten alles erneut vor.

Zum Auftakt traf sich die kleine Festgemeinde im Kurpark, um dort eine Goethe-Büste des Bildhauers Wolfgang Stefan zu enthüllen und den Grußworten der Regierungspräsidentin Oberfrankens, Frau Heidrun Piwernetz, des stellvertretenden Landrats Herrn Roland Schöffel und der Bürgermeisterin Frau Anita Berek zu lauschen und natürlich der Laudatio des stellvertretenden Präsidenten der internationalen Goethe-Gesellschaft in Weimar, Herrn Jochen Golz.

Kurpark Bad Alexandersbad

Kulturgeschichte, in etwas kleineren Dimensionen freilich, prägte denn auch den weiteren Verlauf des Abends. Friederike Köstner aus Kulmbach sammelt seit Jahren Knöpfe und referierte über deren kunsthistorische und auch soziale Bedeutung. Aus ihrem Fundus hatte sie eine Auswahl „Knöpfe der Goethezeit“ zusammen- und für ihre Ausstellung zur Verfügung gestellt, erläuterte deren Bedeutung und kunsthistorischen Wert. Zu feudalen Zeiten war klar vorgeschrieben, wer Knöpfe in welchen Farben und aus welchen Materialien tragen durfte. Weil Nicht-Adeligen das Tragen von Edelsteinen verwehrt wurde, fanden Knopf-Künstler Ersatz und bearbeiteten Eisen und Glas, brachten diese Stoffe wie Juwelen zum Leuchten und ließen sie glitzern. Einige der Exponate erwiesen sich als wahre Kunstwerke en miniature, gemalt mit feinstem Pinsel.

Nachdem im Vortragssaal, beim Abendessen und in der Ausstellung ausgiebig alte Freundschaften bekräftigt und neue in die Wege geleitet waren, bot es sich an, im „Bierstüberl“ den Abend gebührend zu beschließen. Die Vormittage galten der Arbeitstagung, den Berichten von Frau Professorin Dr. Anne Bohnenkamp-Renken, Herrn Professor Dr. Jochen Golz sowie Herrn Professor Dr. Christof Wingertszahn aus den Goethe-Stätten und Städten Frankfurt, Weimar und Düsseldorf. Frau Dr. Margrit Wyder, Präsidentin der Goethe-Gesellschaft der Schweiz, hatte bereits 1999 eine erste Goethe-Ausstellung in der Eidgenossenschaft organisiert und berichtete jetzt über die erste Dauerausstellung zu Goethe auf dem Gotthardpass in einer ehemaligen Kaverne der früheren Alpen-Festung dort: „Der Granit des Gotthards hat Goethe gereizt“. Als Begleitprogramm hatten die Kemters eine Führung durch Bad Alexandersbad und seine Kuranlagen vorgesehen.

Angelika und Bernd Kemter hatten auch ein ausgiebiges Kulturprogramm entworfen. So besichtigte man die umfangreiche Klosteranlage von Waldsassen mit der einst bedeutenden Bibliothek, architektonisch und kunsthistorisch besonders wertvoll dank ihrer filigranen Schnitzarbeiten und Gemälde einheimischer Künstler. Doch deren wertvollste Schätze sind leider im Lauf der Jahrhunderte durch Plünderungen in den Vatikan gelangt, als Beute in Kriegen. Ersatzweise und als Ausgleich ließ sich dafür allerdings in der Klosterkirche eine stattliche Anzahl recht gut erhaltener und kostbar geschmückter Mumien in zahlreichen Altären besichtigen.

Einen weiteren Höhepunkt im Festprogramm bildete das abendliche Konzert des Chors „Zamir“ aus Bayreuth. Er wurde vor 15 Jahren von Barbara Baier gegründet mit dem Ziel, Begegnungen zwischen Christen und Juden, israelischen und deutschen Sängern zu initiieren und zu intensivieren, um so die judenfeindlichen Ausschreitungen und Verbrechen der Geschichte des christlichen Abendlandes aufzuarbeiten und ein freundschaftliches Miteinander für Gegenwart und Zukunft aufzubauen. Für sein Engagement in Sachen Völker-Verständigung und für seine musikalischen Qualität wurden dem Chor verschiedene Preise zugesprochen. Dies ist nicht zuletzt auch dem Wirken des israelischen Komponisten, Pianisten und Dirigenten Itzhak Tavior zu verdanken, mit dem der Chor intensiv zusammenarbeitet. Zamir (hebräisch: הזמיר ) heißt „Nachtigall“. Über die bibliophilen Schätze und anderen Eindrücke aus Waldsassen sowie das Konzert ließ sich trefflich plaudern, wobei sich wieder das „Bierstüberl“ bewährte.

Am Samstag stellte Werner Fleig aus Ludwigsburg seine Stadt als nächsten Tagungsort in zwei Jahren vor. Auch er versprach Literaturgeschichte, wohin man blicke: Vom schwäbischen „Tränenbuckel“, der Festung Hohenasperg – auf ihr war der Dichter Christian Friedrich Daniel Schubart 10 Jahre lang widerrechtlich eingekerkert –, bis hin zur Hohen Karlsschule, die Friedrich Schiller auf Befehl seines Fürsten besuchen musste.

Außerdem bot Siegfried Ziegler aus Erlangen zur Einstimmung auf den geplanten nachmittäglichen Ausflug einen Festvortrag mit Lichtbildern an: „Die Luisenburg zur Zeit Goethes: Rätsel – Idylle – Provokation – Ruhepunkt“. Das unwegsame Naturschutzgebiet, ein labyrinthisches Durcheinander zusammengestürzter Granitblöcke, ist von seltener Schönheit und bot dem Geologen und Naturkundler aus Weimar mehrfach Gelegenheit zu intensiven Studien, die er auch in seinem Aufsatz „Die Luisenburg bei Alexanders-Bad“ 1820 dokumentierte. Vorsorglich hatten Angelika und Bernd Kemter festes Schuhwerk empfohlen und immerhin drei Führungen organisiert: für mehr oder weniger sportliche Kollegen. Als vierte Variante empfahl sich der bayrische Gasthof am Eingang der Anlage.

Den Abend beschloss ein ausgedehntes Festbankett mit fränkischen Spezialitäten, musikalisch untermalt von Dieter Schumann aus Erfurt am elektronischen Piano; auch bereits auf dem Flügel im Festsaal hatte er die Teilnehmer begeistert. Die sauren Zipfel, gegrillten Rippchen und bayrischen Käse-Spezialitäten belegten einmal mehr, wie gut Angelika und Bernd Kemter bei der Wahl des Tagungsortes beraten waren. In jeder Beziehung erwies sich das Evangelische Bildungs- und Tagungszentrum als idealer Ort. Sowohl die Küche als auch die Räumlichkeiten, die Zimmer und Tagungs-Räume und besonders das „Bierstüberl“ sorgten für angenehme Arbeits- und Gesprächs-Atmosphäre. Betreut wurden die Vorstände von liebenswürdigen und hilfsbereiten Mitarbeitern.Ausklingen sollte die Tagung mit einem gemeinsamen Ausflug zum Seehaus, auch bereits von Goethe mit der dortigen Zinnwäsche und wegen der Siebenstern-Blume besichtigt. Ein letzter Spaziergang führte einige der Teilnehmer noch einmal zur neu errichteten Goethe-Büste. Sie bleibt als ein Geschenk, initiiert und zum Teil gesponsort von den Ortsvereinigungen Gera und Erfurt, in Bad Alexandersbad vor Ort und erinnert an die schöne und erfolgreiche Tagung. Ebenso wie Bernd Kemter den Teilnehmern freundlicherweise seine Erzählung „Lockende Pfade“ über „Goethe im Fichtelgebirge und in Böhmen“ zur Erinnerung schenkte oder als abendliches Lektüreangebot – doch dazu kam es wohl wegen des „Bierstüberl“ nur in den seltensten Fällen. Insgesamt kann man Angelika und Bernd Kemter nur danken für ihre Umsicht und Mühe, am besten getreu Mephistopheles‘ Forderung: „Du mußt es dreimal sagen.“ Denn sie haben diese Aufgabe zum dritten Mal auf sich genommen: erstmals in Gera, dann den Corona-bedingten Ausfall und schließlich die Realisation in diesem Frühsommer.


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