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Aus dem Leben der Goethe-Gesellschaft, Interview

Vorstandsmitglieder im Portrait – Prof. Dr. Anne Bohnenkamp-Renken


Als Mitglied im Vorstand stellen wir Frau Prof. Dr. Anne Bohnenkamp-Renken, Direktorin des Freien Deutschen Hochstifts und des Frankfurter Goethe-Museums, vor.

Wie kamen Sie zu Goethe und zur Goethe-Gesellschaft?

Goethe begleitet mich schon seit der Kindheit: Die „Talismane“ aus dem „Divan‘“ las mein Vater sonntags beim Familienfrühstück vor.  Dass diese Gedichte von Goethe sind, habe ich allerdings erst viel später realisiert. Während er in der Schule keine Rolle spielte, verdanke ich dem Studium eine intensive Begegnung mit dem „West-östlichen Divan“. In der Folge habe ich über die Handschriften aus Goethes „Faust“-Werkstatt promoviert. Danach habe ich mich eingehend mit Goethes Idee einer Weltliteratur befasst, die er in den späten Heften seiner Zeitschrift „Über Kunst und Altertum“ entwickelt. Diese Tätigkeiten waren seit Mitte der 80er Jahre mit vielen ausführlichen Aufenthalten im Goethe- und Schiller-Archiv verbunden und sie führten Anfang der 90er Jahre auch zur Mitgliedschaft in der Goethe-Gesellschaft.

Ist Goethe noch aktuell oder eher ein Gegenstand für die Wissenschaft und das Museum?

Das scheint mir kein Gegensatz: Wissenschaft und Museum befassen sich häufig auch mit sehr aktuellen Gegenständen. Goethes Weltoffenheit und sein hellsichtiger Blick für die Folgen des heraufziehenden Industriezeitalters könnten gar nicht aktueller sein. 

Goethe war Dichter, Wissenschaftler und Politiker – ist eine solche Vielseitigkeit heute denkbar oder gar wünschenswert? 

Ja.

Welche Eigenschaften Goethes sagen Ihnen am meisten zu? 

Neben seiner unglaublichen Sprachkraft: seine Vielseitigkeit und die bis ins hohe Alter nicht nachlassende Offenheit und Wissbegier. Auch: die Verbindung von Leidenschaft und Mäßigung.

Welche Werke Goethes stehen Ihnen besonders nahe?

Die Lyrik – besonders der „Divan“. Der „Faust“ – besonders „Der Tragödie zweiter Teil“. Seine Briefe!

Gibt es Autoren, die Sie in gleicher Weise beeindrucken?

Zahlreiche Autoren beeindrucken mich auf andere Weise. Auf gleiche Weise: Nein.

Welche Funktionen kann oder soll die Literatur aus Vergangenheit und Gegenwart heute haben?

Horizonterweiterung, Förderung von Empathie und Vorstellungskraft, Aufmerksamkeit, Sensibilität und Reflexionsfähigkeit. Steigerung der Lebensfreude!  

Weimar ist Sitz der weltweit tätigen Goethe-Gesellschaft; was verbindet Sie mit dieser Stadt? 

Obwohl ich nie dort gelebt habe, fühle ich mich in Weimar zuhause. 

Wie möchten Sie die Goethe-Gesellschaft mitgestalten?

So, dass es ihr gelingt, das Interesse für Goethe auch in Zukunft zu fördern und ihn immer wieder neu zu entdecken.

Dieser Artikel erschien zuerst im Newsletter der Goethe-Gesellschaft, Ausgabe 5/2020.


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