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Goethe in Dornburg – Gesehenes, Gehörtes und Erlebtes vom Dornburger Hofgärtner Sckell

von Christian Hill

Zwischen 1816 und 1830 prägte Goethe mit wenigen Begegnungen die Biografie des Dornburger Hofgärtners Carl August Christian Sckell (1801–1874). Der wichtigste Impuls war die Empfehlung zum Beruf des Gärtners. Mit einer Publikation von 1864 trug Sckell dazu bei, den Ruf Dornburgs als Goethe-Gedenkstätte zu begründen.

„Heiter, munter, verständig, schön, weitläufig und doch übersehbar“, so lobte bereits Goethe 1828 die Vielfalt der Dornburger Gartenanlage. Dieser Beifall gebührte indirekt dem jungen Hofgärtner Carl August Christian Sckell. Aus einer berühmten Gärtnerdynastie stammend, zeichnete er ab 1823 ein halbes Jahrhundert als Gartenkondukteur und Schlossverwalter für Dornburg verantwortlich, diente drei Generationen Weimarer Großherzöge und verband die Gärten zu einem harmonischen Gesamterlebnis.

Hofgärtner statt Theologe

Mit fünfzehn Jahren begegnete der junge Sckell im August 1816 dem ‚Altmeister Goethe‘ das erste Mal. Im Auftrag des Großherzogs Carl August holte er einen Melonenkaktus beim berühmten Dichter am Frauenplan ab. Dieser nutzte die Gelegenheit, um den Jungen nach seinen Berufsabsichten zu befragen. Vom angedachten Theologiestudium riet er allerdings ab und empfahl, der Familientradition als Gärtner treu zu bleiben. Ohnehin sei „in Gottes freier Natur das Walten einer höheren Macht zu erkennen“. Zum Umdenken trug hauptsächlich ein Stipendium seines Paten Großherzog Carl August für die Universität Göttingen bei. Die Empfehlungsschreiben für Göttinger Professoren stellte Goethe persönlich aus. Sie öffneten Sckell im Frühjahr 1819 die Türen beim Anthropologen Johann Friedrich Blumenbach (1752–1840) und dem Arzt Friedrich Benjamin Osiander (1759–1822). Im März 1820 kehrte Sckell nach Weimar zurück und sprach erneut bei Goethe vor, nun mit Grüßen und Geschichten von den Göttinger Professoren. Laut Familienchronik trugen das offene Wesen und die Gesprächigkeit Sckells dazu bei, dass Goethe dem jungen Gärtner den Spitznamen Schnabel von Schnabelinski gab.

Dornburg und Goethe

Zur wichtigsten Begegnung zwischen Goethe und Sckell kam es im Sommer 1828. Nachdem Großherzog Carl August am 14. Juni verstorben war, zog sich der Dichter aus Trauer um seinen Freund und Förderer in die Dornburger Abgeschiedenheit zurück. Es war Sckells Herzlichkeit, Gastfreundschaft und umsichtiger kulinarischer Verpflegung als Schlosskastellan zu danken, dass sich der Aufenthalt auf die Zeit vom 7. Juli bis zum 12. September ausdehnte. Goethe feierte hier seinen 79. Geburtstag und führte mit Sckell manches Gespräch über die Gärten und den Weinbau. Die tiefe Verehrung für den berühmten Dichter hielt zeitlebens an und gipfelte sogar in Visionen während einer Phase der psychischen Störung 1838/39. Mit seinen späten Erinnerungen „Goethe in Dornburg. Gesehenes, Gehörtes und Erlebtes“ (1864) – einer lange gehegten Lieblingsidee Sckells – legte er beredtes Zeugnis vom Sommer 1828 ab.

Christian Hill als Sckell (Bildnachweis: Victor Malakhov)
Sckells „Goethe in Dornburg“

Die multisinnlich angelegte Ausstellung „Hofgärtner Sckell und die Dornburger Schlossgärten. Vision und Realität“ im Renaissanceschloss (Goetheschloss) Dornburg gibt vom 22. Mai bis 31. August 2021 Einblicke in die Schönheit der Schlossgärten zu allen (Jahres-)Zeiten, memoriert den Reichtum an Düften eines Gartens, macht Sckells Erinnerungen an den Goethe-Aufenthalt hörbar oder die Schwere des Alltags eines Hofgärtners greifbar. Selbst der Geschmack seiner Arbeit im Weinberg ist noch heute mit dem exklusiven Tropfen „Dornburger Schloßberg“ als Gaumenfreude zu genießen.

Das, was bereits Goethe über das einzigartige Ensemble schrieb, ist noch gut zweihundert Jahre später für Besucher erlebbar und trägt im Sinne der Gartendenkmalpflege Vision und Realität des Wirkens von Hofgärtner Sckell und das Andenken an Goethe in sich.

Übrigens, in einem kleinen Hörspiel kann man Sckell digital begegnen. Abrufbar unter:
www.dornburg-schloesser.de

Dieser Artikel erschien zuerst im Newsletter der Goethe-Gesellschaft, Ausgabe 2/2021.


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