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Stipendiatinnen im Gespräch: Vera Höltschi
Vera Höltschi, eine belgische Germanistin, ist Stipendiatin der Goethe-Gesellschaft und bereitet in Weimar ihre Promotion zum Thema „Der Tanz in den ‚Faust‘-Werken von Goethe, Heine und Thomas Mann und ihr Verhältnis zum Ballettlibretto“ vor.
Wie haben Sie selbst zur deutschen Kultur gefunden, welche Einflüsse haben eine besondere Rolle gespielt?
Ich bin zwar in Wien geboren, aber mit sechs Jahren in Belgien auf Französisch eingeschult worden. Meine Eltern sind Schweizer, sie haben mit mir immer Schweizerdeutsch gesprochen und uns Kindern auf Deutsch vorgelesen. Später konnte ich selber lesen. Zu meinen Freundinnen aus dem Kindergarten in Österreich habe ich gelegentlich noch brieflichen Kontakt gepflegt und so mit Unterstützung meiner Mutter auch einigermaßen auf Deutsch schreiben gelernt. Indem ich mich für ein Germanistikstudium entschieden habe, bin ich sozusagen meinen eigenen Wurzeln auf die Spur gekommen.
Wie haben Sie das Thema für Ihre wissenschaftliche Arbeit gefunden?
Von Anfang an wusste ich, dass ich in Richtung Tanz und Literatur gehen wollte. So würde ich die Germanistik mit einem meiner Hobbys, dem Tanz, verbinden können. Als ich Faust-Ballette nach Goethes „Faust“ entdeckte, war ich als Ballett-Laientänzerin begeistert. Zudem waren diese Ballette die Bestätigung, dass es ein ernstes Thema ist.
Was wussten Sie von Weimar, bevor Sie die Stadt kennengelernt haben?
Die Weimarer Republik war mir ein Begriff, vom Bauhaus hatte ich auch schon gehört. Dass Goethe hier gewohnt hat, wusste ich ebenfalls, aber das war es auch schon.
Wie beurteilen Sie den Verlauf Ihrer Studien in Weimar, gibt es offene Wünsche?
Ich bin froh, dass ich trotz der Corona-Krise einreisen durfte, um an meiner Dissertation zu arbeiten. Die Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek ist sehr gut bestückt. Deshalb würde ich gerne hierbleiben, bis ich meine Arbeit zu Ende geschrieben habe. Aber im September muss ich wieder unterrichten … Das gefällt mir auch, aber es lenkt ab, denn nicht nur Literatur, sondern auch Linguistik und Sprache gehören dazu. Coronabedingt gibt es momentan leider nicht so viele Veranstaltungen in Weimar und deshalb vielleicht weniger Austausch als unter anderen Umständen.
Wie ist Ihr Eindruck von Deutschland allgemein, ist Ihnen etwas Besonderes aufgefallen, im guten wie im weniger guten Sinne?
Ich bin schon zum zweiten Mal für eine längere Zeit in Deutschland: 2015/16 verbrachte ich im Rahmen eines Erasmus-Aufenthaltes ein Semester in Berlin. Schon damals ist mir aufgefallen, dass Einkaufen hier viel günstiger ist als in Belgien, was Lebensmittel und Kosmetika betrifft. Dass Kultur besonders gefördert wird, sieht man an den vielen schönen Einrichtungen, die das Land zu bieten hat.
Dieser Artikel erschien zuerst im Newsletter der Goethe-Gesellschaft, Ausgabe 3/2020.